• SAM's Blog

„Hä??“ oder „Willkommen Pubertät!“

Es gibt Tage und es gibt Tage. Heute war so ein Tag. Man wacht morgens wie immer auf und denkt sich: „Ach, das wird heute bestimmt wieder ein super Tag!“ Und ziemlich gleich nach dem Frühstück merkt man, dass etwas in der Luft liegt. Es riecht nach Hormonen. Sollte bei Mehrhundehaltung nichts wirklich Ungewöhnliches sein. Also noch schnell den Kaffee leer getrunken und die Hunde ins Auto geladen. 

Bereits beim Einladen war das jetzt gut 10 Monate alte Ding schon e bissi widerspenstig und hat sich mehrmals bitten lassen, endlich einzusteigen. Am Ziel angekommen (Hundeplatz – weil im Anschluss noch was geübt werden sollte), die Hunde einer nach dem anderen ausgeladen. Sie wissen, dass sie erst raus dürfen, wenn sie Ruhe halten. Normalerweise. Heute mache ich die Tür auf und mir schallt ein ohrenbetäubendes Gekreische entgegen! Vom 10 Monate alten Ding. Es war nicht dieses leise, nette „Wiwiwi, bitte, bitte, liebes Frauchen, darf ich auch mit raus?“ Nein. Es war ein „Alte Frau, mach hinne und schwing die Hufe. Ich will SOFORT raus!“ Kennt Ihr das aus Comics: Jemand macht eine Tür auf und es bläst ihm sämtliche Haare, Backen, Augenwinkel nach hinten, weil er so angeschrieen wird? Jo. So sah ich gefühlt aus. 

Aber ich bin ja recht robust, was Anschreien angeht. Also alle, bis auf das 10 Monate alte Ding, ausgeladen und das Auto wieder zu gemacht. Oh. Was nu? Plötzlich Ruhe im Karton. Hm. Auto wieder auf und erneut eine Orkanbrise original Bloodhound-Geläut abbekommen. Tür wieder zu. Ruhe. Eigentlich, so dachte ich, ist es ja kein soooo dummes Kerlchen und wird sich wieder beruhigen und sich erinnern, dass es nur mit Ruhe aus dem Auto geht. Also Tür wieder auf. Und siehe da: Es sitzt ganz ruhig in der Box und glotzt. Und weil Glotzen ja kein Geräusch macht, durfte es dann auch aussteigen. Aus Gründen hatte ich vorher eine Leine dran gemacht. Wir üben nämlich gerade, dass nicht sofort nach dem Aussteigen losgestürmt werden soll. Das hat auch heute soweit gut geklappt. Zumindest bis zu dem Punkt, an welchem die Vorderpfoten den Boden berührt haben. Etwas präziser: Es hat geklappt für die Zeit der Flugphase aus dem Auto auf den Boden. Mein „Sitz“ klang dann eher wie ein „Siiiiiiuuuuaaaaccccchhhhhgggg“ und meine Schulter sang im Duett mit, als der Kerl mit seinen mittlerweile geschätzten 40 kg mit mir am anderen Ende der Leine lospreschen wollte. OK. Übermorgen gehe ich wieder zu meiner Lieblingsphysiotherapeutin, die wird mich schon wieder hinbiegen. 

Ich musste dann auch kurz mal laut werden. Wer mich anschreit, muss mit einer Antwort rechnen. Danach ging’s dann besser. Zumindest mit mir. Während sich der Rest der Hundegruppe mit Schnüffeln und Rumlaufen beschäftigte, musste das 10 Monate alte Ding angeleint und gesittet mit mir über den Platz schlendern. Ohne Schnüffeln. Ohne Zerren. Ohne Pinkeln. Na, geht doch! Der Puls war offensichtlich wieder runter von 380 auf gesunde 70. Also Leine ab und freigegeben. Die ersten paar Runden waren noch gechillt. Dann wurde es wüster, rempeliger, lauter, das 10 Monate alte Ding kam im Schweinsgalopp an mir vorbei gestürmt, seinem besten Kumpel (auch gerade mal zwei Jahre alt) hinterher. Es sah aus wie ein Rhodesian Ridgeback – sämtliches Fell von vorne bis zum Pürzel aufgestellt. Der Blick ganz wild. Die Nase gekräuselt. Wenn er welche gehabt hätte, dann hätte er sich noch Rasierklingen unter die Achseln geschoben, so dicke Arme hat er gemacht. Zum Glück ist sein Kumpel sehr schnell und wendig. Das hat es noch mehr angestachelt! Irgendwann musste ich dann mal eine Ansage machen. Bevor dem Ding noch was zu Kopfe steigt. 

Na ja, nach einer Weile wurde es dann auch ruhiger und konnte sich entspannen. Wieder zu Hause angekommen, ist es sofort komatös umgefallen und hat erstmal gepennt. Hormone scheinen müde zu machen. 

Auf der Abendrunde (ich war alleine mit dem 10 Monate alten Ding unterwegs) hatten wir dann genau das Gegenteil vom Vormittag. Vom Proll zum Schisser. Alles war unheimlich. Jedes Auto, jeder Mensch, jeder Busch musste gründlich angeglotzt werden. Könnte ja ein Alien sein. Das böse Frauchen hatte dann auch noch die Idee, sich einfach mal auf einen Supermarktparkplatz zu stellen und dem bunten Treiben dort zuzuschauen. Eine einzige Katastrophe für das Ding, welches kurz vor dem Nervenriss war. Gefährliche Einkaufswagen, unberechenbare Menschenmassen (es waren in der ganzen Zeit ca. 15 Personen nacheinander auf dem Parkplatz), höllenmaschinenähnliche Fahrräder und so weiter und so weiter. Ich sagte ja bereits, dass es sich bei dem 10 Monate alten Ding um einen Bloodhound handelt. Sollte jemand diese Rasse kennen, dann weiß derjenige, dass die gerne mal sabbern. Und genau so ein Sabberfaden (Insider nennen es Bloodhoundglitzer) hing ihm nun am Maul. So ca. 20 cm lang. Am Stück. Zäh. Nicht idealerweise standen wir gleich neben dem Fahrradständer. Da war nur ein Fahrrad angekettet. Hab ich mir gar keine Gedanken drüber gemacht, als ich mich mit dem Ding dort platziert habe. Jetzt kam allerdings der Besitzer des Rads aus dem Supermarkt zurück und fing an, seine Sachen aus dem Einkaufswagen in einen Rucksack umzupacken. Das 10 Monate alte Ding beobachtete alles ganz genau und äußerst skeptisch. Und der Sabberfaden wurde immer länger. Ich addierte im Kopf schon Länge x Abstand x Zeit und kam zu dem Schluss, dass der Sabber – sollte das Ding sich jetzt schütteln – locker das Fahrrad erreichen könnte. Aber in Mathe war ich schon in der Schule eher Durchschnitt. Es machte kurzfristig PLOPP und der Sabber klebte vor dem Ding auf dem Boden. Ich hatte wohl die Masse bzw. das Gewicht nicht mit eingerechnet. 

Nach einer Weile verließen wir den Parkplatz und setzten unseren Spaziergang fort. Wobei Spaziergang in den höchsten Tönen geschmeichelt ist. Es war ein Spazierzerren. Bis heute Morgen hatte alles noch so gut geklappt: Entspanntes Laufen auf meiner Höhe, kein dauerndes Seitewechseln, lockere Leine, aufmerksamer Hund … Und über Nacht – ZACK – alles vergessen! Willkommen Pubertät! Ick freu mir. Fangen wir halt wieder von vorne an. 

Falls jemand in der nächsten Zeit einen großen, sabbernden Hund sieht, der eine kleine Frau hinter sich herzieht, dann sind wir das! Aber keine Angst, ich hab alles im Griff! 

Und wie sag ich immer so schön zu meinen Kunden:

Bei Hunden geht alles schneller als bei uns Menschen! Sie sind schneller sauber, man kann sie schneller alleine lassen, sie werden schneller vernünftig! Folglich geht auch die Pubertät schneller vorbei! Was für ein Glück!

Bin mal gespannt, was sich das 10 Monate alte Ding noch alles einfallen lässt … Aber ich mag ihn immer noch! Und wenn ich gut drauf bin, kann ich sogar drüber lachen!


Ich? Moi? Never ever war ich das! 🤣

Mobilitätsassistenzhund am Rollstuhl

Von Sabine Müller

Seit meiner Kindheit begleiten mich Hunde und seit vielen Jahren leben immer mehrere gleichzeitig an meiner Seite. Ich unterstütze Sie dabei, Freude am Hund zu entwickeln, diese Freude zu behalten oder wiederzuentdecken. Dafür setze ich mich ein und freue mich auf Sie!

24. Januar 2022

Weitere Beiträge

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner