• SAM's Blog

Gedanken zum Thema eigener Hund

Gestern war ich (mal wieder) mit einem unserer Hunde beim Tierarzt. Wir haben ihn von einer Tierschutzorganisation übernommen. Er kommt aus dem Ausland und ist schon etwas älter. Lt. Tierschutzorganisation lebte er 3 Jahre auf der Straße und dann 4 Jahre bei ihnen im Shelter. Er war sehr krank, als man ihn auf der Straße aufgesammelt hat. Er lag am Straßenrand und die Passanten traten nach ihm, damit er weggeht. Im Shelter hat man ihn dann aufgepäppelt und all seine Wunden und Krankheiten behandelt. Es ist ein großer Hund. Ein Mischling. Viele würden sagen, dass er „keine echte Schönheit“ ist. In den Jahren im Shelter hatte er keine einzige Anfrage für eine Adoption. Bis ihn dann doch plötzlich jemand aus Deutschland adoptieren wollte! Seine Papiere wurden fertig gemacht, der Tierarztcheck durchgeführt und er durfte die Reise in ein neues, schönes Leben antreten! Das hoffte man zumindest für ihn. 

Es kam allerdings zunächst ganz anders. 3 Wochen nach Ankunft bei seinem ersten eigenen Menschen in Deutschland wollte ihn die Dame schon wieder loswerden. Angeblich würde er Katzen jagen. Und das geht ja gar nicht! Also tschüss, weg mit dir! Bemühungen, dass er sich an die Katzen gewöhnen könnte oder gar die Zusammenarbeit mit einem Hundetrainer wurden kategorisch abgelehnt (zu viel Aufwand, zu teuer, keine Zeit). Es gab heftige Diskussionen und am Ende fragte uns die Tierschutzorganisation, ob wir ihn notfallmäßig kurzfristig bei uns aufnehmen könnten. 

Menschen sind manchmal komisch. Und ich kann nicht alles verstehen, was sie tun oder nicht tun. Die Dame hat keinen Finger mehr für diesen Hund gerührt und überließ die Abholung komplett der Tierschutzorganisation. Eigentlich sollte man doch denken, dass sie hätte erleichtert sein müssen, dass man ihr den Hund zeitnah wieder abnimmt und dass sie sich zumindest ein bisschen mit selbst darum kümmern würde, dass der Hund zu einem neuen Übergangsplatz kommt. Stattdessen setzt sie der Tierschutzorganisation die Pistole auf die Brust frei nach dem Motto: „Wenn der bis morgen nicht weg ist, dann setze ich ihn bei Ebay rein!“

Also sind mein Mann und ich losgefahren ihn abzuholen. Dort angekommen, sah das Anwesen recht gut aus. Eine Art Bauernhof. Mit „Herrschaftshaus“. Dann standen wir vor dem Hofeingang. Überall hingen Decken auf Leinen, Näpfe standen im ganzen Hof verteilt, viele Hunde und Katzen liefen frei im Hof herum. Aus den angrenzenden Scheunen hörte man es überall bellen. Die Hunde sahen auf den ersten Blick nicht schlecht aus – waren aber alle durch die Bank weg super fett. Wo waren wir hier gelandet? Hundehändler? Wir mussten draußen warten, bis man uns den Hund brachte, der offensichtlich in einem der Nebengebäude untergebracht war. Plötzlich erklang heftiges Geschreie, Fluchen und ein kurzes Jaulen. Und ein Huhn flog hoch. Wir schauten uns an und mussten trotz allem grinsen: Wollte sich der Hund eine gefiederte Wegzehrung mitnehmen? Vielleicht. 

Sie brachte uns den Hund, der sofort freundlich auf uns zu kam und sich anfassen ließ. Die Dame erklärte uns, dass er bis dahin bei ihr in einer Pferdebox gelebt und das Wohnhaus noch nie betreten hatte. Aha. Interessant. Ich weiß, dass in den Schutzverträgen der Tierschutzorganisation steht, dass dem Hund Familienanschluss und ein Leben im Haus gewährt werden muss. Hat ja nicht so geklappt. Und an der Ferse hatte er eine Verletzung, die er sich angeblich zugezogen hatte, „als sie ihn an einer Kette angebunden hatte und er wieder eine Katze jagen wollte“. Also quasi selbst schuld, der dumme Hund!

Ich brauchte meine ganze Impulskontrolle, um nicht richtig unhöflich zu werden. Am Ende durften wir den Hund mitnehmen und gingen erstmal ein paar Meter am Feld spazieren. Dieser Hund war ebenfalls unförmig fett und hatte schlechtes Fell. Und eben diese Verletzung am Bein. Aber er folgte uns anstandslos. Und seine Augen bekamen ein ganz kleines bisschen Glanz, als wir ihn streichelten. 

Die Fahrt zu uns war der Horror für ihn! Ins Auto einsteigen ging nur mit Schieben und Drücken. In die Hundebox ging er gar nicht, also musste er „frei“ mitfahren. Er war total gestresst und wäre am liebsten durch ein Fenster geflüchtet. Zu Hause angekommen gingen wir erstmal wieder eine kurze Strecke mit ihm spazieren. Danach lernte er auf meinem Hundeplatz die anderen Hunde kennen. Dabei gab es Null Probleme, er war freundlich und nett und wurde auch von unseren Hunden gleich gut aufgenommen. Danach kam aber schon das nächste Problem: Er sollte mit ins Haus kommen. Und jetzt bewege mal einen panischen, 33 kg schweren Hund, wenn der nicht will! Es blieb nichts anderes übrig, als ihn wieder hineinzuschieben/-ziehen. Dort legte er sich sofort auf ein Hundeplätzchen und blieb da zwei Tage liegen. Nach diesen zwei Tagen traute er sich zum ersten Mal ein paar unsichere Schritte über den Fliesenboden zu laufen. Er hangelte sich quasi von Teppich zu Teppich, immer zwischendurch auf den Fliesen ausrutschend. Es dauerte ungefähr zwei weitere Wochen, bis er sich einigermaßen im Haus bewegen konnte. Noch heute hat er Angst auf fremden glatten Böden und würden am liebsten Reißaus nehmen. 

Dieser Hund ist besonders. Ich weiß, das sage ich von allen unseren Hunden. Aber dieser ist besonders besonders. Er ist so unaufdringlich und zurückhaltend, er fordert nichts, er macht nichts kaputt und erledigt sein Geschäft immer brav draußen. Er ist von seiner Art her ein ganz sensibler und feiner Hund. Er ist jetzt schon eine Weile bei uns und mittlerweile haben wir ihn adoptiert. Er hat sein Fürimmerplätzchen bei uns gefunden! 

Auch nach dieser Weile blüht er immer noch weiter auf und zeigt uns Seiten von ihm, die mich teilweise beschämen. Er hat sicherlich viele unschöne Dinge in seinem Leben durchgemacht und trotzdem hat er uns sein Vertrauen geschenkt. Das ist so unglaublich und wunderbar! Wenn ich ihn vorher irgendwo gesehen hätte, dann wäre er nicht meine erste Wahl gewesen, das gebe ich offen zu. Aber wenn er jetzt fröhlich neben mir her watschelt (ja, er hat ein bisschen Plattfüße und schielt auch leicht), dann ist meine Welt in Ordnung. Und seine offensichtlich auch. Er ist aus unserer Hundemeute nicht mehr wegzudenken und wir tun alles, damit es ihm gut geht. 

Warum schreibe ich das alles? Weil ich, wie eingangs erwähnt, gestern wieder mit ihm beim Tierarzt war wegen seiner Ferse. Die ist immer noch offen von dem angeblichen „Kettenunfall“. Jetzt bekommt er ein Antibiotikum und wir hoffen, dass es damit endlich abheilt. Wenn nicht, dann stehen weitere Untersuchungen an. Evtl. könnte eine nicht-heilende Wunde auch mit der Leishmaniose zusammenhängen, die er hat(te). Viele Hunde aus dem südlichen Ausland haben Leishmaniose. Oft ist sie mit Medikamenten in Schach zu halten. Aber manchmal auch nicht. Er hatte, als man ihn auf der Straße aufgesammelt hatte, noch weitere Krankheiten. Wir müssen deswegen in regelmäßigen Abständen einen Gesundheitscheck machen lassen. Der ist nicht gerade günstig. 

Da wir mehrere Hunde haben, darunter auch unsere beiden jungen Wilden, habe ich mich noch nach Zeckenschutz erkundigt. Ich verwende normalerweise Zeckenhalsbänder. Aber ich befürchte, dass die bei den ständigen Ringkämpfen unserer Youngster nicht lange am Hund sind. Da wäre dann vielleicht z.B. eine Tablette besser. Die Tierärztin besprach mit mir unterschiedliche Zeckenschutzmittel und nannte mir auch die entsprechenden Preise. Umgerechnet aufs Jahr sind die Tabletten um einiges teurer als meine bisherigen Halsbänder. Und dann kam der Spruch der Tierärztin, der mich überhaupt erst zu diesem Artikel hier inspiriert hat:

„Na, wenn Sie so viele Hunde haben, dann müssen Sie auch für sie aufkommen! Ansonsten sollten Sie vielleicht einfach weniger Hunde halten.“

Sie ist eine tolle Tierärztin und ich weiß, wie sie es gemeint hat. Wir mussten beide lachen! Selbstverständlich bekommt jeder unserer Hunde den passenden Zeckenschutz!

Aber was ist, wenn jemand das nicht bezahlen kann? Oder wenn jemand mit anderen Tierarztkosten völlig überfordert ist? Weiß wirklich jeder Hundebesitzer, wie viel Geld er im Laufe eines Hundelebens in die Hand nehmen muss? Und ich meine nicht nur die außerplanmäßigen Ausgaben für Krankheiten oder gar eine Operation. Wer hat schonmal aufgeschrieben, wieviele laufende Kosten im Monat für seinen Hund anfallen? Und wer hat es hochgerechnet auf 12 – 15 Jahre? Ein Kleinwagen würde da rausspringen! Wahnsinn, oder?!

Ich bin niemand, der fünfundneunzig Halsbänder und dreiundsechzig Leinen für seine Hunde hat. Ich stehe auch nicht auf Chichi. Bei mir muss es praktisch, robust und alltagstauglich sein. Na ja, bissl gut aussehen sollte es natürlich trotzdem. 

Ich bin hauptberuflich Hundetrainerin. Und ich habe zugegebenermaßen manchmal einen etwas gewöhnungsbedürftigen Humor. Aber den verliere ich ganz schnell, wenn mir jemand sagt, dass er mit den Anschaffungskosten und den normalen Futterkosten für seinen Hund schon am Limit ist. Das kann es nicht sein! Bitte, bitte, liebe zukünftige Vielleicht-Hundebesitzer, überlegt euch gut, ob ihr euch einen Hund auch wirklich leisten könnt! Und das über viele, viele Jahre! Und auch, wenn er krank wird! Und auch, wenn er alt ist! Ich verstehe es nur zu gut, dass der Wunsch nach einem eigenen Hund sehr groß sein kann. Aber wäre es nicht der Horror, wenn ihr euren geliebten Hund abgeben müsstet, weil mal eine außerplanmäßige Behandlung ansteht, weil er sich z.B. verletzt hat? Das kann immer passieren! Auslandshunde bringen zusätzlich nicht selten Krankheiten mit, die ihr Leben lang behandelt werden müssen, das geht ins Geld!

Diese Kosten müsst ihr mit einbeziehen, wenn ihr darüber nachdenkt, einen Hund zu euch zu nehmen. Alles andere ist kurzfristig gedacht und dem Hund gegenüber mehr als unfair. Es gibt auch andere Möglichkeiten, sich für Hunde zu engagieren ohne sich finanziell über Jahre zu binden. Viele Tierheime freuen sich über zuverlässige Gassigänger. Oder ihr denkt mal darüber nach, einem Hund eine vorübergehende Pflegestelle zu bieten, bis er in sein Fürimmerzuhause ziehen darf. Oder ihr unterstützt einen Tierschutzverein/ein Tierheim mit den finanziellen Mitteln, die für euch möglich sind. Es gibt wirklich viele Gelegenheiten, sich für Hunde einzusetzen, ohne einen eigenen haben zu müssen. Man muss nur ehrlich zu sich selbst sein (und realistisch) und dann entscheiden, ob ein eigener Hund passend ist. Mir bricht es das Herz, wenn Hunde unüberlegt angeschafft und dann nach einer Weile wieder „entsorgt“ werden. Es sind so tolle Lebewesen, jeder von ihnen hat doch ein gutes und beständiges Zuhause verdient. 

Bitte entscheidet nicht nur nach dem Herzen, sondern vergesst auch nicht, eine Hundeanschaffung durchzukalkulieren! Danke! 

Mobilitätsassistenzhund am Rollstuhl

Von Sabine Müller

Seit meiner Kindheit begleiten mich Hunde und seit vielen Jahren leben immer mehrere gleichzeitig an meiner Seite. Ich unterstütze Sie dabei, Freude am Hund zu entwickeln, diese Freude zu behalten oder wiederzuentdecken. Dafür setze ich mich ein und freue mich auf Sie!

12. März 2021

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